Mutter Teresa

Mutter Teresa die Ikone der Güte

Mutter Teresa wurde zum Inbegriff der Güte und für die Hilfe an den Armen, so ist es nicht erstaunlich, dass der Spruch, „du kommst mir vor wie Mutter Teresa“, wenn jemand etwas Gutes tut, bald zu einem Standartsatz wurde, den vermutlich schon jeder selber gebraucht oder mindestens hörte. War sie der Lichtblick, der Sonnenstrahl inmitten der nicht gerade mit Guttaten verwöhnten katholischen Kirche? Millionen liessen sich von ihren Guttaten überzeugen. Zu Recht? Oder wurden die Millionen Opfer einer genialen PR-Geschichte?
Ihr Auftreten war resolut und pragmatisch: 1964 wollte Papst Paul IV Mutter Teresa in Bombay besuchen und ihr eine Limousine schen-ken. Doch als er kam, war sie nicht da. Sie hielt gerade die Hände eines sterbenden Mannes namens Onil: „Gelebt habe ich wie ein Tier auf der Strasse, aber nun kann ich wie ein Engel sterben“, soll er gesagt haben. Mit der geschenkten Limousine veranstaltete Mutter Teresa eine Tombola, die 100.000 US-Dollar eingebracht haben soll. Gibt es eine bessere PR-Geschichte? Bei so viel Güte, so viel Aufopferung. Sie war eine hochgeachtete Persönlichkeit, nach ihrem Tod kamen anerkennende Worte aus unzähligen Regierungspalästen, bei Umfragen unter Jugendlichen, taucht sie regelmässig unter den Top Ten der Vorbilder auf: Mutter Teresa, der “Engel der Armen”. 1997, im Alter von 87 Jahren gestorben, schickt sich die weltbekannte Nonne an, in Rekordzeit zur Heiligen aufzusteigen. Dabei geht es allerdings weniger um Wunder und gute Werke, sondern um knallhartes politisches Kalkül der Strategen im Vatikan.
Mutter Teresa steht geradezu als Synonym für praktizierte Nächstenliebe; sie gilt, weit über kirchliche Kreise hinaus, als integre Persönlichkeit, deren Orden die überwiesenen Spenden bestmöglich zur Unterstützung der Ärmsten der Armen einsetzt. Dieses Image hat die katholische Kirche immer wieder zielstrebig eingesetzt, um Sympathiepunkte und Geld einzuheimsen. Mutter Teresa, vertrauenswürdig und an den sozialen Brennpunkten der Welt aktiv, schien das genaue Gegenbild zum skandalumwitterten Vatikan wie auch zu einem (nicht nur in Sachen Verhütung) zunehmend weltfremder argumentierenden Papst. Mit ihrer Heiligsprechung würde sicherlich eine attraktivere, zeitgemässere Identifikationsfigur geschaffen, als der heilige Nikodemus oder die heilige Agathe. Das Leben der Mutter Teresa erscheint tatsächlich als Bilder-buch-Karriere einer potenziellen Heiligen.

                                                                    Wer war Mutter Teresa?

Geboren am 26. August 1910 im heutigen Skopje, mit bürgerlichen Namen hiess sie Agnes Gonxha Bojaxhio. Wurde bereits im Alter von 18 Jahren Nonne und trat in den Loreto Orden ein. Sie widmete sich von nun an ihr gesamtes Leben lang den Armen und Kranken in den Slums von Kalkutta in Indien, hier gründete sie 1946 ihre Missionsstation in den Elendsvierteln von Kalkutta. Mit päpstlicher Erlaubnis gründete sie vier Jahre später ihren eigenen Orden, die “Missionarinnen der Nächstenliebe”. Das Unternehmen wuchs und gedieh, heute verfügt es über mehr als 400 Niederlassungen weltweit. In den 1970ern machten die Medien sie als “Engel der Armen” bekannt, 1979 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Seither war ihr Orden überaus populär, die Spenden flossen reichlich.
Seit einiger Zeit jedoch kratzen Medienberichte, vor allem aus Grossbritannien, am Image der Vorzeige-Katholikin. Kritik an ihrer stockkonservativen Haltung in allen Fragen, die Sexualität oder Ehescheidung betreffen, gab es seit Langem. Doch während es dabei um ethische Grundsatzfragen ging, die nun mal umstritten sind, geriet der Orden und seine praktische Arbeit zunehmend in die Schusslinie. In den Berichten, die sich teilweise auf Aussagen ehemaliger MitarbeiterInnen der Nonnengemeinschaft stützen, tritt die ungeheure Menschenverachtung zutage, mit der die Missionarinnen der Nächstenliebe den Armen entgegentraten. Wer freilich den Namen des Ordens ernst genommen und den Ansprachen der Ordensgründerin aufmerksam zugehört hätte, war davon nicht überrascht. Mutter Teresa hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass ihr eigentliches Interesse dem Leben nach dem Tod galt und dass sie ihre Nonnen nicht als Sozialarbeiterinnen oder Krankenschwestern verstanden wissen wollte. In einer Reportage des Magazins „Stern“ kommen Menschen aus den Slums in Kalkutta zu Wort, die übereinstimmend berichten, dass die Missionarinnen – ganz im Gegensatz zu ihrem Image – fast nichts für die Menschen dort tun. Auch auf konkrete Hilfsanfragen reagiert der Orden reserviert; Pannalal Manik, selbst im Armenviertel geboren, war mit seinem Wunsch um finanzielle Unterstützung einer Wohnanlage mehrmals beim “Engel der Armen” abgeblitzt. Der „Stern“ zitiert ihn mit den Worten: “Jeder Mensch auf der Welt weiss, dass die Schwestern sehr viel Geld haben. Aber keiner weiss, was sie damit machen.” Schätzungen zufolge belaufen sich die jährlichen Einnahmen jedoch auf einen dreistelligen Millionenbetrag.
Die Verwaltung ist dabei weitgehend kostenlos, sie wird von den etwa 4000 Schwestern und unzähligen ehrenamtlichen Helfern erledigt. Dies scheint zunächst darauf hinzudeuten, dass die Spenden ohne grosse Reibungsverluste direkt bei den Bedürftigen ankommen. Doch Zahlen aus Grossbritannien (1991) zeigen, dass umgerechnet 5,3 Mio DM Einnahmen winzige 360.000 DM Ausgaben gegenüberstehen. Was passiert mit den restlichen Millionen? Genaue Auskunft darüber erteilt der Orden den Medien nicht. Aber aufgrund der mittler-weile bekannten Informationen kann als gesichert gelten, dass das Geld nicht aus den reichen Ländern in die armen transferiert wird. Sobald eine Station der nächstenliebenden Missionarinnen in einem Land errichtet ist, muss diese für ihre Finanzierung selbst sorgen. Ehemalige Nonnen und Mitarbeiterinnen berichten zudem davon, dass Sachspenden gehortet werden und Geld auch dann nicht in Notstandsgebiete weitergeleitet wird, wenn die Spender ausdrücklich den Verwendungszweck angegeben haben. Der Sparwahn in Mutter Teresas Organisation führt manchmal zu geradezu absurden Situationen. So gab es in einer New Yorker Suppenküche, die von den Schwestern betrieben wird (d.h. die Schwestern geben das Essen aus, das von freiwilligen Helfern zuvor organisiert wird), einmal kein Brot; es war beim Einkauf schlicht vergessen worden und die Schwestern weigerten sich, aus der eigenen Kasse Geld für die Armen auszugeben. Das meiste Geld des Ordens landet in Rom, auf einem Konto bei der Vatikanbank. Was auch immer dort damit geschieht – den Armen der Welt kommt es nicht zugute. Das Finanzgebaren Mutter Teresas hat Hilfe systematisch verhindert, denn so unterblieb der Aufbau einer effizienten Organisationsstruktur. Die Schwestern werden weder aus- noch weitergebildet, viele der Hilfseinrichtungen arbeiten nicht professionell und die Ordensgründerin war offensichtlich noch stolz auf diesen Zustand: laut „Stern“ soll sie die Missionarinnen der Nächstenliebe die “desorganisierteste Organisation der Welt” genannt haben. Diese zynische Einstellung führt nicht nur dazu, dass Spendengelder nicht für den eigentlich vorgesehenen Zweck eingesetzt werden. Zeugen beschreiben zudem menschenverachtende Zustände, die in den Stationen der Missionarinnen herrschen sollen: Tuberkulosekranke werden nicht isoliert, Spritzen nicht anständig desinfiziert, aus Prinzip wird auf die Verabreichung von Schmerzmitteln verzichtet, denn für Mutter Teresa war der Schmerz “das schönste Geschenk für den Menschen”, weil er so, “am Leiden Christi teilnehmen kann”. Die britische Zeitung Guardian hingegen sah in den Sterbehospizen nur eine “organisierte Form unterlassener Hilfeleistung”. Als wäre dies nicht schon genug, sind nun auch noch Vorwürfe aufgetaucht, dass der Orden in Kinderhandelsaktivitäten verstrickt sei. Wiederum der „Stern“ berichtet von einem Fall aus Indien, wo Nonnen einer Mutter ihr Kind wegnahmen und nach Deutschland vermittelten – ohne dass die Adoptiveltern ahnten, dass die leibliche Mutter des Kindes noch lebte und ihre Tochter nicht freiwillig weggegeben hatte. Vermittlungsstelle in der BRD ist der Verein pro infante, der wegen seiner Praktiken von einer Reihe von Adoptionsexperten heftig kritisiert wird. Die Motivation dürfte sowohl bei den Missionarinnen als auch bei ihren deutschen Helfern in erster Linie ideell sein: arme Heiden-Kinder zu guten Christen machen. Juristisch scheint dagegen übrigens (zumindest von der BRD aus) keine Möglichkeit zum Eingreifen zu bestehen. Zwar stellte ein Gericht im betreffenden Fall fest, “dass die Voraussetzungen für die Adoption nicht ordnungsgemäss geschaffen waren”, da die Verfahrensfehler jedoch in Indien stattgefunden hätten, sei pro infante dafür nicht haftbar zu machen. Dass Nonnen sich dafür hergeben, sogar Dokumente zu manipulieren, erscheint nur auf den ersten Blick überraschend. Wenn die Erzählungen ausgestiegener Missionarinnen stimmen, werden die jungen Frauen von Beginn an einem grossen psychischen Druck aus-gesetzt, der von Sekten und sonstigen Psychogruppen bekannt ist und darauf abzielt, die Identität der Nonnen aufzulösen. Dazu gehören ein aufs straffste durchgeregelter Tagesablauf ebenso wie Schlafentzug; die Zensur der Lektüre ebenso wie häufige Versetzungen, damit keine Fenster nach draussen aufgestossen und keine Bindungen aufgebaut werden können. Dass bei solchermassen konditionierten Menschen ethische Massstäbe verrutschen können und ein vermeintlicher Dienst für Gott weltliches Recht und die Interessen von Menschen aufwiegen, ist hinreichend bekannt. Letztlich passt es auch genau ins Denken von Mutter Teresa. Denn ihre Kalkulation war einfach: alles für Rom alles für Gott. Da er aber selbiger zeitlebens bei ihr nicht vorbeigekommen war, sammelte sie Geld und Seelen für seinen irdischen Statthalterverein, die katholische Kirche. Die Armen und Kranken in Kalkutta oder sonst wo, waren für sie Objekte, mit denen sie sich Gottes wegen beschäftigte – und möglicherweise auch, weil sich da-mit am Ende des 20. Jahrhunderts besser Spenden eintreiben liessen als mit Appellen, dass die Erlösung zu den Un- oder Irrgläubigen gebracht werden müsse. Ein Interesse an den Menschen, an einer Veränderung ihrer sozialen Situation hatte die Friedensnobelpreisträgerin nicht. Denn eines wusste der Engel der Armen nur zu genau: Nur wenn es weiterhin Arme, viele Arme gibt, würde sie auch weiterhin deren Engel sein. Wie gesagt, Mutter Teresas Sorge galt dem Leben nach dem Tod, nicht dem irdischen. Deshalb taugt sie durchaus zu einer Vorzeigeheiligen. Zum Vorbild für ethisch verantwortliches Handeln taugt sie nicht. In einem Interview mit der MIZ hat Mark Lindley, der sich oft in Indien im Atheist Centre aufhält und die praktische Sozialarbeit dort unterstützt, den Unterschied so formuliert: Für einen Humanisten (oder eine Humanistin) kann es nicht die wichtigste Aufgabe sein, Trost für die Sterbenden zu geben, sondern Hilfe für die Lebenden zu organisieren. Aber das war nicht Mutter Theresas Ding.
Mutter Teresa die Gründerin des „Orden der Missionarinnen der Nächstenliebe“ (Missionaries of Charity) Als Gründerin des Ordens der Missionarinnen der Nächstenliebe (Missionaries of Charity) verdient sie es, etwas genauer betrachtet zu werden. Der Orden unterhält 710 Häuser in 133 Ländern. Sie wird der Welt als “kleine, gebückte Frau im weissblauen Sari in Erinnerung bleiben, die immer ein gütiges Lächeln in ihrem zerfurchten Gesicht zeigte”. Sie wird auch in Erinnerung bleiben als willfährige Vollstreckerin vatikanischer Doktrin. Der Vorwurf, sie hätte nicht das Heilen der Kranken, sondern deren Leiden in den Vordergrund gestellt, trifft vollumfänglich zu. Ihr aber das alleine anzulasten, greift zu kurz, es ist gängige Praxis und Doktrin, von Rom so gewollt, das Leiden der Menschen möglichst zu pflegen und zu verwalten. Wie grösser das Lei-den, umso näher am Leiden Jesu, damit auf dem besten Weg ins Paradies. Bei einem Interview erklärte sie den Reportern unumwunden, sie sei nicht von Gott geschickt zu heilen, sie sei von ihm geschickt, die armen Seelen in seine Hände zu begleiten.

                                                                     Mutter Teresas wahres Leben

Mutter Teresa, von vielen schon zu Lebzeiten zur Heiligen verklärt, hatte in Kalkutta, ihre alte Wirkungsstätte. Eines ist auf alle Fälle verwunderlich: Die unkritische Verehrung, die ihr immer noch entgegengebracht wird. Zumal nicht nur der Vatikan sich für ihr Lebenswerk zwecks Heiligsprechung interessiert, sondern auch schon mehrere Journalisten dunkle Flecken auf ihrem weissen Sari vorgefunden haben. Besonders markant und für Christen gewiss nicht untypisch ist die doppelte Moral, mit der die katholische Scheinheilige die Welt bewertet hat. So sprach sich Mutter Teresa bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen Ehescheidungen aus, sofern es die breite Masse betraf, im November 1995 mischte sie sich in einen Volksentscheid in Irland ein, bei dem die Iren über das Recht auf Ehescheidung abstimmen sollten. Teresa, die nicht aus Irland, sondern aus Albanien stammte, hatte dazu aufgerufen, mit Nein zu stimmen. Aber trotz des klerikal konservativen Störfeuers hielt in Irland die Zivilisation und europäisches Recht Einzug, wenn auch das Ergebnis äusserst knapp war und nur 50,3 Prozent der Iren für ein Scheidungsrecht plädierten. Aber Die Verehrte zeigte manchmal doch eine recht er-staunliche Flexibilität in ihren Ansichten, denn nur wenige Monate nach dem irischen Volksentscheid gab sie der amerikanischen Zeitschrift Ladys Home Journal ein Interview, in dem sie sich zur bevorstehenden Scheidung von Prinz Charles und Lady Diana zu Wort meldete. Die konservative Katholikin, die mit Lady Di befreundet war, war voller Verständnis für die desolate Situation und sagte: “Es ist gut, wenn es vorbei ist. Keiner von beiden war wirklich glücklich.” Auch zur Abtreibung fand sie deutliche Worte: So sagte sie, dass sie nie akzeptieren würde, “Eltern, die abgetrieben haben, ein Kind zur Adoption anzuvertrauen”. Bei der Entgegennahme des Nobelpreises 1979 bezeichnete sie den Schwangerschaftsabbruch als “die grösste Bedrohung des Weltfriedens”. Mit diesen Ansichten gewann die katholische Nonne schnell das Vertrauen ihres obersten Chefs, Johannes Paul II. Dieser erkannte schnell die beiden innewohnenden Seelenverwandtschaften und schätzte natürlich besonders das von Teresa ausgelebte und propagierte mittelalterliche Frauenbild. Doch das Wirken der alten Dame, die mit bürgerlichem Namen Agnes Gonxha Bojaxhio hiess, beschränkte sich nicht nur auf moralinsäuerliche Ratschläge. Nein, sie errichtete in Indien eine Reihe von Hospitälern. Die Armut lag ihr schliesslich sehr am Herzen, sie hielt sie 444 für gottgegeben. Die medizinische Versorgung dort war denn auch eher dürftig. Amerikanische und britische Ärzte haben darauf hingewiesen, dass es dort keine schmerzstillenden Mittel gibt, die Ernährung der Patienten katastrophal sei und medizinisches Besteck nur mit kaltem Wasser gereinigt werde. Es ist doch immer wieder schön, für den Herrn zu leiden. Und so verwundert es nicht, dass sie einmal sagte: “Es ist etwas sehr Schönes, wenn man sieht, wie die Armen ihr Kreuz tragen. Wie die Passion Christi, ist ihr Leid ein grosses Geschenk für die Welt.” Auch der Tod vieler Patienten wird in den von ihr gegründeten Einrichtungen mit fatalistischem Gleichmut hin-genommen, und in einer von ihr betreuten Leichenhalle kann man die Inschrift “Heute komme ich in den Himmel” bewundern. Der britische Schriftsteller Christopher Hitchens unter-suchte das Leben ihrer Heiligkeit und stellte in seinem leider nicht auf Deutsch erschienen Buch „The Missionary Position: Mother Teresa in Theory and Praxis“ heraus, dass es Mutter Teresa vorrangig darum gegangen sei, “einen Kult zu begrün-den, der sich auf Tod, Leiden und Unterwerfung stützte.” Der Autor verweist darauf, dass Betschwester Teresa sogar die Lepra als Geschenk des Herrn ansah und kommt zu dem Schluss, dass es sich bei ihr um keine Wohltäterin der Benachteiligten und Bedrängten handelte, sondern um eine besondere Geissel Gottes. Es mag sehr hart klingen, aber sie verfolgte zwei Ziele, möglichst viele zum Christentum zu bekehren und Geld für den Heiligen Stuhl zu sammeln. Nicht die Hilfe an den Armen, nein, wenn sie konvertiert waren, war es das Ziel, Platz zu schaffen für neue Ungläubige, die sie bekehren und in den Schoss „Ihres“ Heilands führen konnte. Für ihre Betätigung nahm sie, was sie kriegen konnte und es störte sie nicht, wenn das Geld aus eher zweifelhaften Quellen stammte. 1,25 Millionen Dollar erhielt sie vom Betrüger Charles Keating, der die US-amerikanischen Sparkassen um 252 Millionen Dollar durch Schwindel erleichtert hatte. Die Leidtragenden waren zumeist Kleinsparer. Im Prozess sagte sie zugunsten Keatings aus, den sie als engagierten Christen und Kämpfer gegen die Pornografie kennen- und schätzen gelernt hatte. Einer Bitte der Staatsanwaltschaft, die aus dem Betrug stammende Spende doch zurückzugeben, mochte sie reinen Gewissens nicht nachkommen. Schliesslich unterhielt Mutter Teresa nicht nur Hospitäler, sondern konnte mit Stolz darauf verweisen, dass sie über 500 Klöster gegründet hatte. Der Unterhalt dieser gottgefälligen Werke lässt sich ja auch nicht aus dem Nichts bestreiten. Auch dem haitianischen Diktator Jean-Claude Duvalier fühlte sie sich verbunden, und so reiste sie 1981 nach Haiti, um dort die höchste Auszeichnung des Lan-des entgegenzunehmen. Sie bedankte sich artig mit einer netten Rede, in der sie behauptete, Duvalier und seine Frau Michèle “würden” die Armen lieben und diese würden ihn des-halb so “verehren”. Natürlich gab es auch hier eine kleine Geldspende, die sie dankbar annahm. Bei diesen gesellschaftlichen Kontakten ist es nicht erstaunlich, dass sie die “Theologie der Befreiung” stets mit Argwohn betrachtete und sich auch hier auf die Seite des Papstes stellte, der diese ablehnt und verdammt. Alles in allem, sie hat sich ihren katholischen Heiligenschein redlich verdient und einer Vergöttlichung der alten Frau sollte nichts mehr im Wege stehen. Halleluja!
Quellen: Frankfurter Rundschau 06.08.1999. TAZ Nr. 5325 Seite 3 vom 08.09.1997. TAZ Nr. 5620, Seite 20 vom 28.08.1998. Le Monde diplomatique Nr. 5079, Seite 2 vom 15.11.1996. Weitere Quelle: http://www.atheismus-und-geistesfreiheit.de/news/archiv141-160.html.
Als Mutter Teresa starb, hatte sie 5400 theologische Briefe hinterlassen und unzählige Briefe an die Schwestern. Darin hat sie selbst über ihre dunklen Seiten und Zeiten Auskunft gegeben. Ihre Seele sei "wie ein Eisblock", lesen wir darin. Sie sei "von Gott nicht gewollt", heisst es in ihrer Korrespondenz, "zurückgestossen – leer – kein Glaube – keine Liebe. Nur Dunkelheit in meiner Seele – und diese schreckliche Leere, dieses Gefühl der Abwesenheit Gottes." "Ihr Geheimnis war ihre Leere, diese innere Leere und Offenheit auf Gott hin", sagt Pater Leo Maasburg, der ihr lange als Fahrer gedient hat. "Sie hat mit ihrer Arbeit und ihrem Werk viele Leute inspiriert", schreibt Larivée." Gewünscht hätten sich die Forscher allerdings ein etwas kritischeres Bild von all den angeblichen Wundern von Mutter Teresa. "Obwohl sie viel bewirkt hat", sagt Larivée. "Eine Heilige ist sie dadurch nicht geworden."

                                                            Mutter Theresas wahres Gesicht

Welche war die richtige Mutter Teresa: Jene, die der Welt von den PR-Fachleuten des Vatikans verkauft wurde, oder die gnadenlose, nur ihren Zielen Konversion und Geld verpflichteten bösen kleinen Frau? Jene, die lastwagenweise dringend benötigten Medikamente, die von vielen Menschen und Organisationen gespendet wurden, um die grösste Not, die Schmerzen zu lindern, nicht an ihre Patienten weiter gab, sondern auf dem Markt zu Geld machte. Weil, wie sie immer wie-der betonte, der Schmerz "das schönste Geschenk für den Menschen" sei, weil er so "am Leiden Christi teilnehmen könne." Der Ideologie Mutter Teresas folgend ging es nicht um "die Armen" selbst. Es ging um die Seelen der Armen, und diese sollten den Schmerz fühlen. Mit der Taufe und damit der Rettung der Seele war das Interesse Mutter Teresas am Menschen erledigt. Ging es indes um die "diesseitige Welt", hiess es sparen. Folgerichtig brauchte es kein neuen Spritzen, die alten taten es noch lange, auch brauchte es keinen schmerzmildernden Medikamenten für die Armen. Die englische Tageszeitung "The Guardian" sah in den Sterbehospizen des Ordens eine "organisierte Form unterlassener Hilfeleistung."
Und diese Frau erscheint dem jetzigen Papst so vorbildlich, dass er sie seligsprechen möchte? Ja, und dies ist schlüssig. Derselbe Papst hatte ja bereits den Schmerzen liebenden "Opus Dei" Gründer Jose Maria Escrivar ("Gesegnet sei der Schmerz. - Geliebt sei der Schmerz. - Geheiligt sei der Schmerz ... Verherrlicht sei der Schmerz!"), heiliggesprochen.
Seit Kurzem ist die Informationsseite www.mutter-teresa.info online. Hier finden sich Texte, die das fehlende humanitäre Engagement des Ordens ebenso beleuchten wie die Methoden der Zwangstaufe und die illegalen Adoptionspraktiken seitens der Schwestern. Ihr Leben lang verachtete sie das Diesseits so sehr, dass sie ihren Kranken in Kalkutta keine schmerzlindernden Tabletten geben liess, um sie teilhaben zu lassen am verachtenswerten Diesseits. Statt irdischer Hilfe bekehrte sie Tausende von Menschen, die Zuflucht bei ihr suchten, zum Christentum (zweifellos in dem Glauben, sie dadurch vor dem Höllenfeuer zu retten). Lebensrettende oder -verlängernde Massnahmen waren in ihrem Sterbehospiz je-doch unerwünscht, da Teresa nach erfolgter Bekehrung das Bett frei haben wollte, um weitere Seelen retten zu können. Kein Wunder, dass viele Slumbewohner grosse Angst hatten, dem „Todesengel von Kalkutta“ jemals zu begegnen.
Mutter Teresa war grosszügig mit ihren Gebeten, aber weniger mit ihren finanziellen Mitteln. So habe sie nach der Giftgaskatastrophe in Bhopal und zahlreichen Überschwemmungen in Indien zwar zur Linderung des Leides ihre Gebete und ihre Medaillen der Jungfrau Mary angeboten, aber keine direkte finanzielle Hilfe für die Opfer. Das Leiden war ihr grosses Thema, "Zu sehen, wie sie ihr Schicksal ertragen, hat auch etwas ganz Wundervolles", zitieren die Forscher sie aus einem der mehr als 500 Berichte. "Sie leiden damit so wie Jesus Christus am Kreuz und kommen ihm damit näher." Mutter Teresa dagegen, so sagt Wissenschaftler Larivée, habe sich am Ende ihres Lebens in den USA behandeln lassen und ihr eigenes Leiden sogar mit palliativen Methoden gelindert.
Mutter Theresa die Gütige, oder eher die Chefin eines „Kuschelzoos des Grauens“
Else Buschheuer, heute TV-Moderatorin beim MDR, arbeitete 2004 sechs Wochen in dem ersten von Mutter Teresa gegründeten Hospiz Nirmal Hriday. Die Patienten bekämen Nummern und wären immer wieder miteinander verwechselt worden. Viele Sterbende dort müssen im medizinischen Sinn nicht sterben“ (Wüllenweber 1998). Mundschutz und Gummihandschuhe habe sie sich selber gekauft und am Ende des Tages zerschnitten, damit sie nicht wiederverwendet würden. Oft habe es an Handtüchern, Laken, Decken und Windeln gefehlt. Buschheuer berichtet vom Putztag: “Geputzt werden die plastikbezogenen Matratzen – aber wohin so lange mit den Patientinnen? Wie Würmer kringeln sich die Frauen auf dem Steinfussboden, vierzig von ihnen oder mehr, vertiert, halb nackt, sich beschmutzend, mit geschorenen Köpfen. Wenn ich meinen Fotoapparat dabei hätte (fotografieren ist nur mit Sondergenehmigung erlaubt), würde ich diesen Anblick festhalten, um das Foto amnesty international zu schicken, und ich würde jeden niederschlagen, der mich daran hindert. Ich brülle: Es sind Menschen! Seit Urzeiten wird das so gemacht am Putztag. Buschheuer spricht von einem „Kuschelzoo des Grauens“. Die freiwillige Mary Loudon fühlte sich beim Anblick der Sterbenden an die KZ-Bilder von Bergen-Belsen erinnert: „Es gibt keinen Garten - nichts. Ich konnte es nicht fassen. Zwei Räume mit 50 bis 60 Männern in dem einen und 50 bis 60 Frauen in dem anderen. Sie sterben, sie bekommen kaum medizinische Versorgung, warum auch. Sie bekommen keine Schmerzmittel ausser Aspirin, und das bei den Schmerzen bei Krebs im Endstadium.” Der freiwillige Hemley Gonzalez berichtet von seinen Erlebnissen in der Niederlassung des Ordens in Kalighat 2008: “Ich war schockiert über die Nachlässigkeit. Nadeln wurden unter kaltem Wasser abgewaschen und wiederverwendet und den Insassen wurde abgelaufene Medizin gegeben. Es gab Leute, die eine Chance zum Leben gehabt hätten bei einer ordentlichen Versorgung,” so Hemley. Ein Freiwilliger habe versehentlich einem gelähmten Kranken Essen gegeben, an dem dieser zu Tode erstickt sei. In einem anderen Fall wurde ein infizierter Zeh ohne Betäubung abgeschnitten. Der Immobilienhändler begann auf Facebook die Kampagne „Stop Missionaries of Charity“. Mit Freunden und ähnlich empörten und enttäuschten Freiwilligen gründete er die Hilfsorganisation „Responsible Charity“. Ein Motto der Organisation: „Medizin und Bildung scheinen effektiver als Gebete zu sein.“ Sie legen besonderen Wert auf Transparenz der Finanzen. Ihre Homepage zeigt täglich den Stand der Bilanz, der Bürokosten und der Ausgaben. Sogar die einzelnen Rechnungen werden auf Facebook veröffentlicht. Die traditionsreiche medizinische Fachzeitschrift „The Lancet“ kritisierte die Wiederverwendung von Injektionsnadeln und die Nutzung kalter Bäder für alle Patienten. Lancet-Chefredakteur Robin Fox schrieb: „Untersuchungen, wurde mir gesagt, sind selten erlaubt. Wie wäre es mit einfachen Algorithmen, mit denen Schwestern und Freiwillige die Heilbaren von den Unheilbaren unterscheiden können? Wieder nein. Solche systematischen Ansätze sind dem Ethos der Heime fremd. Mutter Teresa bevorzugt die Vorsehung der Planung, ihre Regeln sollen eine Strömung in Richtung Materialismus verhindern.” Der englische Arzt Jack Preger arbeitete einst in einem der Sterbehäuser: „Wenn man Liebe, Verständnis und gute Pflege geben will, dann benutzt man sterile Nadeln.“ Besonders kritisch sehen die Forscher auch das Management der weltweiten Missionen von Mutter Teresa. Insgesamt 517 Armen- und Krankenhäuser in mehr als hundert Ländern hatte sie nach ihrem Tod am 5. September 1997 im indischen Kalkutta hinterlassen. "Das waren Häuser für die Sterbenden", sagen die Wissenschaftler. „Und die lebten ihre letzten Tage unter schlimmsten und geradezu unmenschlichen Zuständen.“ "Nach Berichten von Ärzten", heisst es in der Studie, "sollen die Armen und Kranken dort unter katastrophalen und unhygienischen Zuständen dahinvegetiert haben."

                                                  Mutter Theresa die Geldmaschine des Vatikans

Spenden werden kaum genutzt, dennoch ist wahrscheinlich der reichste Orden der Welt. Walter Wüllenweber, Mitarbeiter des Stern, konnte für seine Artikel 1998 und 2001 nur kleine Hinweise über die Einnahmen des Teresa-Ordens, Missionarinnen der Nächstenliebe, herausfinden. Das indische Finanzministerium wollte nicht einmal darüber Auskunft geben, ob es selbst Einblick in die Finanzen des Ordens bekommt, wozu dieser eigentlich nach indischem Recht verpflichtet wäre.
Über die Einnahmen des Ordens in Deutschland sagt Schwester Pauline: „Das geht niemanden was an, wie viel Geld wir haben. Ich meine natürlich: wie wenig“. Die millionenfach ein-gesammelten Spendengelder setzte sie nicht dazu ein, um die Not vor Ort (beispielsweise in Kalkutta) zu lindern, sondern hortete sie auf Konten des Vatikans. Bis 1981 führte Maria Tingelhoff ehrenamtlich die Buchhaltung des Ordens in Deutschland. „Drei Millionen kamen da im Jahr schon zusammen“, erinnert sie sich. In Hamburg wurden die 2,5 Millionen D-Mark für das „Haus Bethlehem“ für Obdachlose allein durch Spenden des eigens dafür gegründeten Vereins aufgebracht. Mutter Teresa gab ihren Namen und vier Ordensschwestern, die dort leben. Susan Shields arbeitete neun Jahre als Schwester in der Niederlassung der New Yorker Bronx. Schliesslich verliess sie den Orden: „ Wegen der unerträglichen Lügen. Wir haben uns ja kaum um die Armen in der Bronx gekümmert, sondern verbrachten einen grossen Teil der Tage damit, Schecks zu bearbeiten. Die Post brachte die Briefe säckeweise.“ (Wüllenweber 2001). Jede Nacht schrie-ben bis zu 25 Schwestern die Spendenquittungen, listeten die Beträge auf, machten die Briefumschläge fertig und sortierten die Schecks im Wert zwischen 5 und 100.000 Dollar.
Zur Weihnachtszeit stiegen die Spenden: „50.000-Dollar-Schecks waren keine Seltenheit“ (Wüllenweber 1998). Es seien allein in dieser einen New Yorker Filiale jährlich 50 Millionen US-Dollar zusammen gekommen. Sunitar Kumar ist eine der reichsten Frauen Kalkuttas und war eine der engsten Freundinnen von Mutter Teresa: „Wenn Mutter ein Haus brauchte, dann ist sie zum Besitzer gegangen, ob das nun der Staat war oder ein Privatmann, und hat ihn so lange bearbeitet, bis sie es umsonst bekommen hat.“ Gegenüber dem Telegraph meinte Kumar: „Ich glaube nicht, dass es sie interessierte, woher das Geld kam, solange es den Armen nutzte“.
http://www.positiveatheism.org/writ/mother.htm )
Der Stern spekulierte in seinem Artikel über Teresas Millionen, das Geld lande schlicht auf Konten des Vatikans: Die Skandale der Vatikanbank und ihre Verwicklung in Geldwäsche, Drogenhandel und alles, was profitabel ist, sind Legion. Italienische "Geschäftsleute" versuchten vergeblich, den Film "God's Bankers" über den Calvi-Todesfall aus den Kinos zu verbannen. Und welche Organisation wäre besser für Geldwäsche geeignet als Mutter Teresas Orden, dessen Heiligkeit und Güte von niemandem hinterfragt werden darf? Wenn man jetzt noch Muggeridges dokumentierte Verbindungen zur CIA hinzunimmt, muss man kein Verschwörungstheoretiker sein, um hier mehr als nur eine naive alte Frau mit wenig Ahnung von Buchhaltung zu sehen. Als sie dafür kritisiert wurde, sprang ihr zur Verteidigung der Vatikan bei. Der Heilige Stuhl lancierte weltweit eine PR-Kampagne, um ihren Namen wieder reinzuwaschen. Grossbritannien ist eines der wenigen Länder, in denen der Orden gegenüber den Behörden zur Auskunft verpflichtet ist. 90 Prozent der Einnahmen gehen auf ein Bankkonto des Ordens bei der Vatikanbank in Rom. „Und was mit Geldern auf der Vatikanbank geschieht, ist so geheim, das darf nicht einmal der liebe Gott wissen.“ (Wüllenweber 2001). Susan Shields fasst zusammen: “Das Geld wird nicht miss-braucht. Es wird einfach überhaupt nicht gebraucht.“
Mutter Theresa die Heilige
Am 19. Oktober 2003 fand in Rom die offizielle Seligsprechung von Mutter Teresa statt. Derzeit wird bereits mit Eile die Heiligsprechung vorbereitet. Ihr Leben, aufgeopfert um den Ärmsten zu helfen, war sie unermüdlich im Einsatz. Gründerin von Schulen und Spitälern für die Ärmsten in Indien. Gekrönt mit dem Friedensnobelpreis für ihr aufopferndes Lebenswerk. Bei Heiligen der katholischen Kirche hat es aber eine gewisse Tradition, dass in gebührendem Abstand zu ihrem Tod Stimmen laut werden, die beweisen wollen, dass es mit der Heiligkeit der Verehrten nicht allzu weit her sein kann, wenn wir alles bedenken, dass sich in, deren Leben auch noch zugetragen hat. Auch die Gründe, die zu ihrer Seligsprechung durch den Papst geführt haben, seien "konstruiert und das Resultat einer orchestrierten und gut organisierten PR-Kampagne". Zusammen mit seinen Kolleginnen Geneviève Chénard und Carole Sénéchal hatte der Psychologe Hunderte Berichte über das Leben und Werk von Mutter Teresa untersucht. Die Ergebnisse der Studie erschien im französischsprachigen Wissenschaftsmagazin "Sciences Religieuses" und hat weltweit für Aufsehen gesorgt. "Der Papst Johannes Paul II. bürgerlicher Name Karol Józef Wojtyła, hat bei seiner Seligsprechung von Mutter Teresa ihre fragwürdige und teils unmenschliche Seite einfach übergangen", schreibt Professor Larivée. So habe sie bei ihrer ganzen Arbeit dem Leiden der Armen und Kranken auch etwas Gutes abgewinnen können. Doch bei Heiligen kommt es auf solche Argumente im Grunde überhaupt nicht an. Denn die erste Heiligsprechung ist ja Jesus selbst zuzuschreiben, als er am Kreuz neben sich einem Verbrecher (!) versprach, ihn noch am selben Tag im Paradies wieder zu treffen. Knapper lässt sich Heiligkeit aber nicht definieren: als Existenz in der Gegenwart Gottes.
"Tutti i santi hanno i loro difetti", weiss der italienische Volksmund deshalb schon lange: "Alle Heilige haben auch Fehler". In einem Heiligsprechungsprozess der katholischen Kirche wird deshalb auf überaus skrupulöse Weise nur der "heroische Tugendgrad" der betreffenden Person festgestellt. "Heilig" darf sie dann aber erst genannt werden, wenn dieser Befund durch ein anerkanntes Wunder quasi vom Himmel her bestätigt wurde. Genau dies ist bei allen Heiligen des letzten Jahrhunderts von Pater Pio bis zu Mutter Teresa exakt so geschehen.
Auch der Mythos von Mutter Teresa als einer Frau mit heilen-den Händen hält der neuen Untersuchung nicht stand. So soll die Missionarin nach Berichten in einem ihrer Krankenhäuser Monica Besra nur durch ihre Hände und das Auflegen einer Medaille der Jungfrau Maria auf den Bauch der Kranken von ihren starken Unterleibsschmerzen geheilt haben. Ein Wunder, das später als Begründung für die Seligsprechung von Mutter Teresa durch den Vatikan angeführt wurde. "Der Vatikan hat das alles ignoriert". Zurück zur Realität. Um die Seligsprechung von Teresa offiziell zu machen, musste ein post-humes Wunder her. Das war in der kleinen Stadt Dangram schnell gefunden in Form der armen Inderin Monica Besra. Ein Jahr nach dem Tod der Ordensmutter habe sich die Frau mit Unterleibschmerzen an die Schwestern gewandt. Ein Medaillon der guten Nonne habe ihr Problem im Nu gelöst - ein Tumor im Unterleib wurde wundersam geheilt. Monate-lang protestierte der Ehemann gegen diese Version der Geschichte: "Meine Frau wurde durch die Ärzte geheilt und nicht durch ein Wunder." Tatsächlich war Besra zuvor im Krankenhaus gewesen. "Diese Wunder-Behauptung ist absoluter Unsinn und sollte von jedem verdammt werden", meint auch der Arzt Ranjan Kumar Mustafi, der Besra behandelt hat. "Sie hatte eine mittelgrosse Wucherung in ihrem Unterleib, die von Tuberkulose verursacht worden war. Die Medizin, die ihr gegeben wurde, reduzierte die zystische Masse, bis sie nach einem Jahr verschwand." Der Ehemann hat seine Meinung noch rechtzeitig vor der Seligsprechung gewandelt. "Es war Mutter Teresas Wunderheilung, die meiner Frau geholfen hat. Nun erhalten meine Kinder und ich mithilfe der Nonnen eine Ausbildung, und ich konnte es mir leisten, ein kleines Stück Land zu kaufen. Alles hat sich zum Besseren gewandelt." Mit ein bisschen PR-Training lernt Selku Murmu sicherlich auch, dass er diesen Teil den Reportern nicht unbedingt erzählen muss. Wer nun meint, Agnes Gonxha Bojaxhiu sei eine kont-roverse Heilige, kennt die Geschichte der katholischen Kirche nicht. Dabei muss man nicht nur auf Heilig- und Seligsprechungen aus jüngerer Zeit schauen, wie z.B. die von Josemaria Escriva, Gründer der ultraorthodoxen Pressure Group Opus Dei, oder die Segnung von Erzbischof Stepinac von Zagreb, der die kroatischen Ustascha-Faschisten bei der Ermordung von 350,000 Serben unterstützte. Otto von Corvin schrieb im Pfaffenspiegel 1845 von den "lieben, guten Heiligen", deren Hauptleistung Corvin zufolge in der Unterdrückung ihrer eigenen Wollust mithilfe verschiedener Formen der Selbstkasteiung bis hin zur Kastration bestand. Daneben beschäftigten sich die ersten Heiligen vor allem damit, das verhasste Heidentum auszulöschen. Der Heilige Nikolaus von Myra, heutzutage bekannt für sein Coca-Cola-Outfit, zerstörte zahlreiche heidnische Tempel der Heidengöttin Diana, sein Feiertag ist der 6. Dezember, zufälligerweise Dianas Geburtstag. Auch St. Martin zerstörte viele Tempel und hackte nebenbei auch religiös verehrte Bäume um. Und der Heilige Kyril von Alexandrien befahl oder duldete die brutale Ermordung der heidnischen Gelehrten Hypatia 415. So bekannt war Hypatia, dass selbst christliche Gelehrte wie Socrates Scholasticus sie in den höchsten Tönen als schöne, weise, tugendhafte Frau lobten. Um Hypatia aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen, erfand die Kirche eine neue Heilige: Katharina von Alexandrien. Mehr als 100 Jahre vor Hypatia soll diese "intelligente, hübsche und sehr selbstbewusste junge Frau" in Alexandrien Heiden zum Christentum konvertiert ha-ben und dafür brutal ermordet worden sein. Da es für ihre Existenz keinerlei Beleg gibt, wurde sie 1969 aus dem allgemeinen römischen Kalender gestrichen. Sechs Jahrhunderte lang war sie eine der beliebtesten Heiligen von allen, und viele Christen ehren sie noch heute. Es ist halt eine schöne Geschichte. Nun ist da die Ikone der Güte als neue heilige. Der Vatikan kann sich kaum etwas Besseres wünschen. Wie kann sich das Bild einer Ikone der Güte bis heute halten? Wie konnte eine fanatische Gegnerin von Abtreibung und Verhütung, die systematisch ihr Vermögen und die Natur ihrer Arbeit verschleierte, vor den kritischen Medien der freien Welt Bestand haben? Christopher Hitchens bezeichnete sie als "Medienheilige". Kritische Berichte über ihre Arbeit muss man aber auch heute noch mit der Lupe suchen. Hunderte Bücher sind über sie geschrieben worden, Lebensratgeber für Christen und Nichtchristen, Werke mit Titeln wie "Ein Leben für die Ausgestossenen", "Die Heilige von Kalkutta", "Mutter ohne Furcht und Tadel" und "Die Kraft der Liebe". Medien, so lernt jeder Schüler im Politikunterricht, haben einen aufklärerischen Auftrag und Anspruch. Frei von totalitärer Kontrolle und Zensur bohren sie nach, stellen kritische Fragen auch an die scheinbar Unantastbaren, an "die da oben" eben, schützen uns vor Machtmissbrauch und Manipulation. Medien müssen aber auch Umsatz machen und Geld verdienen und da beisst sich die Schlange halt schon oft in den eigenen Schwanz. Tatsächlich gibt es trotz einer gigantischen Menge von Medienerzeugnissen nur relativ wenige Journalisten, die unabhängig recherchieren: Knappe Zeilenhonorare, Vorgaben von oben und mehrere Filterstufen in den Redaktionen setzen investigativer Arbeit enge Grenzen. Die grossen Magazine können es sich leisten, für eine "Top-Story" viel Geld auszugeben, doch was eine solche Story ist, entscheidet der Chefredakteur. Eine systematische Verzerrung der Wirklichkeit bei nahezu vollständiger Ausblendung kritischer Analyse muss man im Falle Mutter Teresas diagnostizieren, wenn man ihr Lebenswerk unvoreingenommen untersucht. Die Mediengeschichte der gesegneten Albanerin beginnt mit dem Briten Malcolm Muggeridge, "ohne ihn hätte die Welt vielleicht nie von Mutter Teresa erfahren", schrieb nach ihrem Tod die Catholic Times am 12. Oktober 1997. Muggeridge, ein fanatischer Konservativer, der den säkularen Liberalismus für "die grösste aller destruktiven Mächte" hielt, gehörte zu den vom "Congress for Cultural Freedom" gesponserten Journalisten. Dabei handelte es sich um eine CIA-Organisation, die in Europa eine proamerikanische Gegenkultur zum Kommunismus etablieren sollte. Neben einer nichtkommunistischen Linken" wurden die abstrakte Kunst und das "postmoderne" Denken als sozial irrelevante Ausdrucksformen der liberalen Linken finanziell gefördert. (Das Standardwerk zum Thema ist "Wer die Zeche zahlt. Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg" von Frances Stonor Saunders.)
Muggeridges Arbeit am Teresa-Projekt begann 1968 mit einem BBC-Interview. Die in Albanien geborene Nonne Teresa leitete damals noch recht bescheiden ihr Haus der Sterbenden in Kalkutta - keineswegs ein innovatives Projekt, gab es vergleichbare Institutionen in Kalkutta doch schon lange vor Teresas Geburt. Die Operation nahm sich in ihrem Ausmass wie auch in der medizinischen Versorgung minimal aus. Waisenkinder wurden mit Essen versorgt, Sterbende bekamen ein Dach über dem Kopf. Das Ganze wurde und wird im klassischen katholischen Stil betrieben - die Schwestern erhalten keine nennenswerte medizinische Ausbildung, dafür gibt es geheime Taufen der Sterbenden. Im Vergleich z.B. zur indischen Ramakrishna-Mission, die auch Bibliotheken und Schulen betreibt, oder auch der amerikanischen "Assembly of God" Mission, die jeden Tag 18’000 Mahlzeiten verteilt, ist Teresas Orden auch heute noch ein Tropfen auf dem heissen Stein. Für den Fundamentalisten Muggeridge war Mutter Teresa jedoch die Figur, die er benötigte, um seine Ideologie weltweit zu verbreiten. Unterstützer dafür fand er vor allem in den USA. 1969 produzierte Muggeridge gemeinsam mit dem Regisseur Peter Schafer die Dokumentation "Something Beautiful for God", ein internationaler Buch-Bestseller mit dem gleichen Titel folgte. Legendär ist die Dokumentation aufgrund der Behauptung Muggeridges, man habe beim Filmen in Teresas Heim ein "photographisches Wunder" festgehalten - das sanfte Licht im finsteren Raum sei technisch unerklärlich. Erst 1994 erläuterte Kameramann Ken Macmillian, dass man einen neuen Film von Kodak ausprobiert hatte. "Als wir den endgültigen Film sahen, wollte ich schon zum Jubel auf Kodak anheben, aber Muggeridge hielt mich davon ab. Am gleichen Tag bekomme ich dann all diese Anrufe wegen des 'Wunders' in Kalkutta. In den USA feierte die religiöse Rechte Mutter Teresa, die ihrerseits begann, ihre Ablehnung von Kontrazeptiva und Abtreibung bekannt zu machen. Einflussreiche Protestanten wie Billy Graham und Katholiken wie William F. Buckley, Jr. prägten das geflügelte Wort von der "lebenden Heiligen", die "die Ärmsten der Ärmsten" in Kalkutta von den Strassen aufsammelte (eine Behauptung, die zwar erlogen war, von Teresa aber vielfach dankend wiederholt wurde).
Bereits 1971 prophezeite Muggeridge Mutter Teresa den Nobelpreis, so wie auch ihre baldige Heiligsprechung schon lange vor ihrem Tod vorausgesagt wurde. Zunehmend entwickelte sich Teresa von der Nonne zur Medienfigur, reiste um die Welt zu diversen internationalen Anlässen als auch in liberalen Kreisen präsentierbare Stellvertreterin des Papstes. Jedem Politiker, den sie traf, bat sie um Intervention gegen Abtreibung, Pille und Kondom. Nach zwei gescheiterten Anläufen wurde ihr der Nobelpreis 1979 als Ergebnis einer gut finanzierten Kampagne verliehen, und sie nutzte die Gelegenheit, um der Weltöffentlichkeit ihre politische Plattform zu präsentieren: Ungewöhnliche Worte von einer Frau, deren selbst erwählte Aufgabe es vermeintlich war, das Leid der Welt zu lindern. Doch in den kommenden Jahren sollte sich ein anderes Bild von Teresa herauskristallisieren: Eine Agentin des Papstes, die das menschliche Leid nicht ablehnt, sondern es zelebriert und fördert. Während Mutter Teresa zum Darling der Rechten avancierte und auch von Liberalen wie den Clintons und Prinzessin Diana hofiert wurde, spielten die Medien das Spiel eifrig mit. Der erste Kratzer am Bild Mutter Teresas war die britische Dokumentation "Hell's Angel" von Christopher Hitchens (1994), der 1995 das 100-Seiten-Pamphlet "The Missionary Position" folgte. Beide erörtern im Wesentlichen die gleichen Vorwürfe in sehr polemischer Weise. Dem Buch mangelt es an Quellenbelegen, doch die darin enthaltenen Fakten sind generell unbestritten, aufgrund des Stils und der Einzelkämpfer-Rolle Hitchens' war es jedoch relativ leicht, die Kritik zu ignorieren. Tatsächlich beruhte ein grosser Teil der Arbeit von Hitchens auf den Recherchen des in Grossbritannien lebenden Inders Aroup Chatterjee, der Mutter Teresas Operationen besucht und gefilmt, Beteiligte interviewt und die Reaktion der Nonnen auf bestimmte Vorfälle getestet hat. Nun ist Chatterjees Buch erschienen, neben dem sich Hitchens Werk wie ein Schulaufsatz ausnimmt. The Final Verdict, das im Volltext auf, der Seite des Verlages herunter geladen werden kann, ist eine über 400 Seiten starke und vollständig quellendokumentierte Abrechnung mit Teresas Lebenswerk. Daneben war Chatterjee direkt am Seligsprechungsprozess beteiligt und hat den zuständigen Autoritäten im Vatikan seine Eingaben zugesandt. Er wurde sogar zu einer Frage-Antwort-Sitzung mit einer Laienprüferin eingeladen, um Teresas "Heiligkeit" zu beurteilen. Natürlich hatten seine Eingaben keinerlei Einfluss auf den Seligsprechungsprozess, und auch Chatterjee empfahl den Kirchenleuten keineswegs, den Prozess abzubrechen: "Selbstverständlich würde ich, wenn ich ein Geschäft betreibe, meine besten Verkäufer ins Rennen schicken."

Fazit:
Mutter Theresa war sicher nicht die Ikone der Güte, sie war eines der besten PR-Pferde, das der Vatikan je hatte. Ein Preis für ihre Marketing-Leistung wäre sicher angebracht gewesen, der Friedensnobelpreis war es indes nicht. Wobei sie mit Preisträgern wie Lech Walesa, Jassir Arafat, Schimon Peres, Jtzchak Rabin und Barack Obama in guter Gesellschaft war. Erstaunlich wie sie heute noch bei vielen Menschen den Ruf geniesst, ein Engel der Armen gewesen zu sein. Tragisch für die, die in ihren Armen sterben mussten. Millionen sind auf diese Geschichte hereingefallen, sie haben sich hinreissen lassen, Geld für die Armen zu Spenden, nicht wissend, dass es in den dunklen vatikanischen Kanälen versickerte.

© Kurt Schmid